08.06.2019
Mit der Aufnahme der Nutria oder Biberratte in das Bremer Jagdrecht folgt das Land Bremen dem Land Niedersachsen, welches schon vor Jahren - wie übrigens inzwischen alle anderen Bundesländer auch – diesen Weg gegangen ist. Gleichzeitig folgt es damit der "EU-Verordnung Nr. 1143/2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten", der Europäischen Union. Verbunden mit der Aufnahmen in Jagdrecht ist - wie in Niedersachsen auch - die Aufhebung des Muttertierschutzes, ähnlich wie dies bei Bisam und Wanderratte über die Schadnagerverordnung geregelt ist.
Warum erscheint dies notwendig und wie gehen wir Jäger damit um?
Weder Männchen oder Weibchen noch führende Muttertiere lassen sich bei den Biberratten am Verhalten oder am äußeren Erscheinungsbild erkennen. Jungtiere sind ab dem fünften Lebensmonat reproduktionsfähig. Die Reproduktion erfolgt durch das ganze Jahr ohne Pause bis zu drei Mal jährlich mit sechs bis acht Jungtieren. Damit verhalten sich die Nutria ganz anders als einheimische Arten, die sich angepasst an die Jahreszeit vermehren und damit im Jagdrecht Jagd- und Schonzeiten unterliegen. So bejagt kein Jäger führende Elterntiere! Und wenn er es tun würde gilt dies als Straftat. Er würde damit auch den Grundsätzen der Jagd widersprechen, die einen Erhalt, Förderung und nachhaltige Nutzung unserer heimischen Wildtiere regeln.
Warum kann das jetzt bei der Biberratte nicht einhalten werden?
Grundsätzlich wollen wir uns auch bei der Bejagung der Nutria an den Muttertierschutz halten, so weit es erkennbar ist. Kein Jäger wird ein führendes Elterntier schießen, so dies durch Beobachtung offensichtlich festgestellt wird. Nun benötigen wir für die Bejagung aber Rechtssicherheit dahingehend, da die sichere Erkennbarkeit selbst bei größter Vorsicht nicht gegeben ist. Es kann ttrotzdem zur Entnahme von Elterntieren kommen. Würde jetzt keine Rechtssicherheit bestehen, würde die Jagd auf die Nutria sofort komplett eingestellt. Dies kann sich das Land Bremen wegen der invasiven Ausbreitung und des hohen Gefährdungspotential aber nicht leisten. Es wäre unverantwortlich hinsichtlich des Hochwasserschutzes und hinsichtlich der Erhaltung unserer sensiblen Ökosysteme – und würde der EU-Verordnung widersprechen.
Wir Jäger versuchen jetzt natürlich einen bestmöglichen Beitrag zu den vorgenannten Schutzzielen zu leisten, obwohl wir uns die Bejagung der Nutria nicht gewünscht haben. Jagd ist etwas anderes – jetzt geht es um Schädlingsbekämpfung. Es kann keine Hege geben, keine Jagd- und Schonzeiten, keine nachhaltige Nutzung, keine Förderung der bejagten Art. Dafür gibt es das Risiko ein führendes Elterntier zu strecken. Und die Erwartungshaltung, eine ökologische Invasion einzudämmen. Und das alles ehrenamtlich. Die Rahmenbedingungen sind also semioptimal. Trotzdem gibt es keine Alternative. Die Nutria zeigt inzwischen in vielen Teilen der Welt ihre invasive Durchsetzungskraft. Sie ist dabei in der Lage, ganze Landschaftsstrukturen zu verändern, mindestens aber die Ökologie in ihren zentralen Lebensräumen. Dies passiert in Deutschland auch. Mit allen gravierenden Folgen für andere – auch geschützte Arten. Schuld daran ist der Mensch, der dafür gesorgt hat, dass die Nutria den Weg über den Atlantik und schließlich in unsere Kulturlandschaft gefunden hat. Und hier geht es den Tieren offenbar besser als in ihrer Heimat. Sie werden hier schwerer und reproduzieren sich häufiger als in Südamerika. Sie zeigen eine ökologische Durchsetzungskraft, die stärker ist als die unserer heimischen Arten.
Wir können nicht unsere heimischen Arten und gleichzeitig die Nutria schützen!
Die Nutria ist ein invasive Art und gehört nicht in unsere Landschaft, weil ihr Auftreten hier sehr schädlich ist. Die Landesjägerschaft weist darauf hin, dass für eine hinreichende Rückdrängung die Jäger nicht allein verantwortlich sein können. Die Bejagung ist zeitaufwendig, kostenintensiv und erfordert ganz neue Methoden, die es zu entwickeln gilt. Dabei findet ein überregionaler und auch internationaler Austausch, bspw. mit den Niederlanden statt. Das Land Bremen ist hier also nicht aus der Verantwortung zu entlassen. Es ist vom Land Bremen und auch von den Deichverbänden weiterhin eine intensive Zusammenarbeit bis hin zu einer Unterstützung notwendig. Das Management der Nutria ist eine hoheitliche Aufgabenstellung, die als solche zu verstehen und zu leisten ist. Wir als Jagdverband verstehen uns hierbei als Partner der Politik im Sinne unserer Gesellschaft.